Beantwortung des Fragenkataloges zum Thema DSL-Versorgung von Landrat Dr. Alexander Saftig (Mayen-Koblenz)
1. Welchen Stellenwert messen Sie einer flächendeckenden Versorgung mit Breitbandinternetanschlüssen, insbesondere hinsichtlich der Ermög- lichung gesellschaftlicher Teilhabe und der Schaffung von Arbeitsplät- zen zu?
Eine schnelle DSL-Verfügbarkeit ist für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung, insbesondere in der ländlichen Region der betroffenen Ortsgemeinden ein wichtiger Standortfaktor und somit eine wesentliche Voraussetzung für Wachstum, Innovation und Arbeitsplätze. Ein schnelles Datennetz ist existenziell für die mittelständische geprägte Wirtschaft im ländlichen Raum. Investitionen in den Aufbau dieses Netzes setzen zugleich wirksame Impulse für den konjunkturellen Aufschwung.
Deshalb machen Unternehmen ihre Investitionsentscheidung zunehmend davon abhängig, ob sie an einem neuen Standort über einen schnellen DSL-Zugang verfügen, um mit ihren Kunden in Kontakt zu treten und große Datenmengen einfach und über weite Entfernungen zu transportieren. Das gilt längst nicht nur für große Unternehmen, sondern insbesondere auch für den Mittelstand und Freiberufler wie Architekten z.B. für die Versendung von Kon-struktionszeichnungen.
Aber auch für Private zählt die DSL-Versorgung zu denjenigen Infrastrukturanforde-rungen, die die Wohnortwahl maßgeblich beeinflussen. Mit Blick auf Aspekte wie Wettbewerbsfähigkeit oder Chancengleichheit (z.B. im Bildungsbereich), gehört das Bestehen von Zugangsmöglichkeiten für Informationen aus dem Internet zu jenen Grundvoraussetzungen, die auch im ländlichen Raum vorhanden sein müssen, wenn hier im Vergleich zu städtischen Ballungsräumen gleichwertige Lebensverhältnisse gewährleistet werden sollen.
2. Welchen Standpunkt vertritt der Landkreis beim Breitbandausbau im
Bezug auf Dringlichkeit und Notwendigkeit?
In allen Lebensbereichen der Menschen ist in den letzen Jahren die Bedeutung und die Nutzung des Internets enorm gewachsen. Die Bürger partizipieren und profitieren in einem ständig steigenden Umfang von der digitalen Revolution. Der Einfluss auf den Wandel der Wirtschaft, aber auch der Gesellschaft ist unbestreitbar. Dies wird deutlich, wenn man versucht, sich den beruflichen und privaten Alltag ohne Internet und Informations- und Kommunikationstechnologien vorzustellen. Die flächendeckende DSL-Versorgung mit schnellen Internetzugängen zählt daher zur unverzichtbaren Basisinfrastruktur unserer modernen Informationsgesellschaft.
Die Nutzung moderner Kommunikationsinfrastrukturen ermöglicht eine Optimierung von Prozessen in Wirtschaft und Verwaltung und führt so zu Wachstumseffekten. Damit können die Breitbandtechnologien den Strukturwandel in den ländlich geprägten Regionen des Landkreises Mayen-Koblenz nachhaltig unterstützen und langfristig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landkreises erhöhen.
3. Erhält der Landkreis ausreichende Informationen von der Landesregie- rung über Fördermöglichkeiten? Wie sieht die Unterstützung durch das Land und den Bund aus?
Die Informationen von der Landesregierung sind ausreichend. Die Form der Informationsversorgung durch z.B. Workshops, Veranstaltungen, Flyer, persönlicher Beratung durch z.B. die Breitbandinitiative Rheinland-Pfalz usw. ist ebenfalls nicht zu bemängeln.
Bezüglich der finanziellen Unterstützung durch Bund und Land ist zu bemerken, dass diese Subventionen teilweise in der Vergangenheit für die betroffenen Kommunen kontraproduktiv waren. Anstatt schnelle Lösungen zu ermöglichen, haben sie vielmehr zu weiteren Unsicherheiten und Verzögerungen geführt. Durch die Ankündigung von Fördermitteln sank die Realisierungsquote örtlicher Anschlussvorbereitungen in den betroffenen Gebieten drastisch. Vielerorts wurde abgewartet, weil man auf Subventionen hoffte.
Dabei muss kritisch bemerkt werden, dass es keinen Sinn macht, wenn aufgrund staatlicher Fördergelder teures DSL flächendeckend ausgebaut wird und preiswertere, zukunftsfähige Alternativtechnologien künstlich verdrängt werden.
Insgesamt ist DSL erst zu einer kommunalen Aufgabe geworden, weil auf diesem Gebiet der Bund der Telekom keine Versorgungspflicht für ganz Deutschland aufer-legt hat. Wie so oft wurden aufgaben und Kosten von oben auf die Kommunen ver-teilt.
4. Welche Rückmeldungen kommen von den Kommunen und welche Un- terstützung erhalten diese vom Landkreis?
Für die Ortsgemeinden koordinieren die Verbandsgemeinden, für die Stadtteile die Städte, die Maßnahmen der DSL-Versorgung. Die WFG unterstützt als Tochter des LK Mayen-Koblenz alle Maßnahmen zur flächendeckenden DSL-Versorgung, wie z.B. finanzielle Förderung, Serviceunterstützung beim Bauantrag, Koordinierungsgespräche mit der Telekom sowie Alternativanbietern, Informationsveranstaltungen usw.
Der Kreis hat eine Ausgleichs- und Ergänzungsfunktion wahrzunehmen, d.h. er hat dafür Sorge zu tragen, dass alle Bürger des Landkreises gleichmäßig und gleichbe-rechtigt an den Entwicklungen und Angeboten der Gesellschaft partizipieren können. Der Landkreis spielt bei der Versorgung der ländlichen Gebiete eine Schlüsselrolle, weil er den Infrastrukturausbau für die Gemeinde koordinieren kann.
Der Landkreis bzw. WFG unterstützt die Unternehmen beim DSL-Ausbau durch Koordinierung im behördlichen Genehmigungsverfahren oder bei der Suche nach bestehender Infrastruktur und Einrichtungen. Er hilft ebenfalls bei der suche nach neunen Standorten z.B. für die Aufstellung neuer Funkmasten.
5. Bestehen die Möglichkeiten und die Einsicht in die Notwendigkeit, eine Anlaufstelle für betroffene Bürger, Initiativen, Unternehmen und Kom- munen zuschaffen, welche als Informationsplattform für Ausbaupläne, Ausbauprogramme und Ausbaufortschritte fungiert?
Zunächst ist wichtig zu wissen, wo im Landkreis und in den benachbarten Gebieten schon leistungsfähige Netze liegen. Vielfach gibt es bereits ein größeres Glasfaser-netz, wovon Kommunen noch nichts wissen. Hilfreich ist es daher, mit Energiever-sorgern sowie größeren Betrieben gemeinsam einen „Leitungsatlas“ zu erstellen.
Dabei sind geplante Straßenbau- oder Abwasserbaumaßnahmen zu berücksichtigen.
Die Bündelung aller Beteiligten (Kommunen, Grundversorger, Wirtschaftsministeri-um, DSL-Anbieter usw.) in einer zentral koordinierenden Stelle für potenzielle Maß-nahmen würde zusätzlich Synergieeffekte bringen. Um hier Synergien zu ermögli-chen, könnte man eine Baustellendatenbank aufbauen.
Allgemein wissen die Kommunen vor Ort, wie ihr Ausbaustand ist. Hier können sich Bürger informieren, der Kreis unterstützt dabei.
6. Welche konkreten Maßnahmen unternimmt der Landkreis, um die weißen Flecken zu schließen?
Damit die ländlich geprägten Regionen des Landkreises MYK nicht den Anschluss an die schnellen Internetverbindungen verlieren, hat die Wirtschaftsförderungsgesellschaft am Mittelrhein mbH (WFG) eine „DSL-Sonderprogramm“ für den Ausbau der DSL-Infrastruktur aufgelegt. Dieses WFG-Unterstützungsprogramm ergänzt das bestehende Förderprogramm des Landes Rheinland-Pfalz. Hier sei noch einmal gesagt: Der Kreis muss die Lücken schließen, da der bund sich anders als beim Telefon aus der Verantwortung für eine flächendeckende Versorgung gestohlen hat..
Die WFG fördert die Breitbanderschließung im Landkreis in Kommunen, die bislang nicht über eine Anschlussleistung von min. 1 Mbit/s in 80% der Anschlüsse verfügen, mit einem Gesamtbetrag von 1.250.000,00 €. Es wird der kommunale Förderanteil der bestehenden Wirtschaftlichkeitslücke des Anbieters mit 50% der anfallenden Kosten berücksichtigt. Die Fördersumme ist auf 50.000,00 € pro Ortsgemeinde bzw. Stadtteil begrenzt. Antragsberechtigt sind Kommunen, die mindestens 60 verbindliche Nutzer der Technologie erwarten lassen. Die beste-henden Förderprogramme des Landes Rheinl.-Pfalz und des Bundes sind in Anspruch zu nehmen. Weiterhin ist die WFG Ansprechpartner in allen Fragen bzgl. finanzieller Unterstützung durch öffentliche Fördermittel (EU-, Bundes- bzw. Landesförderprogramme).
Mittlerweile gibt es neben einer DSL-Versorgung durch die Telekom weitere Technologien, die vor allem für den noch unterversorgten ländlichen Raum eine gute Lösung bieten. Zu nennen sind hier die Funklösung (z.B. durch die Firma InSysCo) sowie die Kabelversorgung durch die KEVAG-Telekom aus Koblenz.
In Abstimmung mit Strom-, Wasser- oder Kommunikationsversorgern wird den Kom-munen durch die WFG ebenfalls mitgeteilt, ob geplante Tiefbaumaßnahmen mögli-cherweise für den Ausbau einer DSL-Versorgung genutzt werden können.
Für die Zuführung hochbitratiger Internetzugänge bietet sich technologisch die Nut-zung von Funklösungen an, insbesondere dort, wo Entfernung und Topographie kein wirtschaftliches Angebot mit teuren Tiefbaumaßnahmen zulassen. Es ist festzustellen, dass die Bereitschaft der Telekom bezüglich des DSL-Ausbaues steigt, sobald alternative Anbieter auf dem Markt auftreten.
7. Welche Unterstützung würden Sie sich seitens der Landes- und Bundes- regierung wünschen? Was sollte ggf. anders gemacht werden?
Die Anforderungen der Internet-Nutzer an die Leistungsfähigkeit einer DSL-Ver-
sorgung steigen kontinuierlich. Die derzeitige Untergrenze für förderfähige Ausbauinvestitionen beträgt laut Richtlinien der Landesförderung derzeit 1 MB je Sekunde reichen bei weitem für eine befriedigende DSL-Versorgung nicht aus. Mit dieser Untergrenze ist z.B. Telefonieren über Internet „voice over IP“ nicht möglich. Die Untergrenze der Fördervoraussetzung müsste zwingend auf mindestens 2 MB angehoben werden.
Der Aufwand hinsichtlich der Beantragung von Fördermittel (z.B. zwingend vorge-schriebenes öffentliches Ausschreibungsverfahren mit den damit verbundenen Konsequenzen der VOB) schreckt insbesondere kleine Gemeinden ab. Zu erwähnen ist ebenfalls, dass bei der Beantragung öffentlicher Fördermittel die Restriktionen in den Förderrichtlinien ein großes Problem darstellen.
Sinnvollerweise sollte das Verfahren der Förderbeantragung auf der Verbandsge-meindeebene durchgeführt werden, da diese die Situation vor Ort am besten abwi-ckeln können.
Zukünftig wird die Möglichkeit für die Nutzung der „Digitalen Dividende“ bei Funkfrequenzen, die wegen der Digitalisierung der Übertragungstechnik nicht mehr für den Rundfunk benötigt werden, eine wichtige Rolle spielen. Dadurch lassen sich vergleichsweise kostengünstig Funknetze einer neuen Generation betreiben, die hohe Übertragungsraten ermöglichen.
Die Nutzung der „Digitalen Dividende“ für moderne Telekommunikationsnetze ist unverzichtbar, wenn das Ziel einer flächendeckenden Breitbandversorgung zeitnah erreicht werden soll. Daher sollte das Land diese Frequenzen kurzfristig für die DSL-Versorgung zur Verfügung stellen.
Der Bund muss sich wieder seiner verfassungsmäßigen Aufgabe, gleichwertige Lebensbedingungen in ganz Deutschland herzustellen, wieder bewusst werden.
8. Unsere Initiative setzt sich für eine gesetzlich garantierte Grundversor- gung in Form der Aufnahme von Breitbandanschlüssen in den Katalog der Telekommunikationsuniversaldienste ein. Teilen Sie unsere Auffas- sung?
Ja! Der ländliche Bereich darf nicht dem sogenannten „Gebot der Wirtschaftlichkeit“ zum Opfer fallen. Hier ist Berlin gefordert, seine Pflicht zu erfüllen.
Die Verfügbarkeit breitbandiger Internetzugänge wird immer mehr zu einer zentralen Voraussetzung, um im internationalen Standortwettbewerb mithalten zu können. Entsprechend wird von den Kommunen die Breitbandversorgung als Standortfaktor für die Ansiedlung neuer bzw. auch für das Halten bereist ansässiger Unternehmen als wichtiger Faktor gesehen. Schon heute kommt es vor, dass gemeindeeigene Bauplätze nicht veräußert werden können, weil kein Glasfaser- oder sonstiger, gleich leistungsfähiger Breitbandanschluss besteht.
Der Hochgeschwindigkeits-Internetzugang ist absolut unverzichtbar als Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit der Region MYK. Es darf nicht sein, dass der ländliche Raum vom schnellen Internet abgekoppelt wird. Wenn hier nicht gegengesteuert wird, kommt es zu digitalen Spaltung des kommunalen Raums. Dis gilt auch, wenn unter dem Druck der Erwartungen der Einwohner Lösungen angestrebt werden, die zwar eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Status quo bringen, aber den Anschluss an ein zukunftsfähiges Netz nicht auf längere Dauer gewährleisten können.
So wird sicherlich die Verbesserung von einem bisherigen ISDN-Anschluss auf DSL-Basis momentan als wesentliche Verbesserung wahrgenommen. Da allerdings andere Kommunen Glasfaserlösungen realisieren, wird letztlich der Abstand nur größer.
Die momentan empfundene Verbesserung führt am Ende sogar zu einem noch grö-ßeren Abstand der Kommunen untereinander. Das Ziel, den ländlichen Raum an die moderne Technik heranzuführen, wird nachhaltig nicht erreicht.
Der Breitbandanschluss muss in Zukunft zur staatlichen Grundversorgung gehören, bis dahin müssen die Kommunen selber Initiative zeigen. Im Interesse der Daseinsvorsorge und der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse wird die flächendeckende DSL-Versorgung auch weiterhin im Landkreis Mayen-Koblenz eine hohe Priorität haben.