Hallo,
ich war als einer der ISP-Dienstleister am Freitag vor Ort und teils positiv überrascht, aber andererseits auch fast geschockt über manche Beitäge, die auch hier in der Diskussion wieder zu Tragen kommen:
bru62 hat geschrieben:
Wie wird da die Anbindung an den Backbone gemacht? Wird es plötzlich wirtschaftlich, 50 Kunden mit 155 Mb anzuschließen?
Wir sollten auch mal die Kirche im Dorf lassen und die Leute nicht verrückt machen. Eine nachhaltige Lösung ist nicht durch Eigeninitiative zu schaffen, da braucht es schon einige gesetzliche Rahmenbedingungen. Der Universaldienst ist die Wichtigste.
Ich hatte Freitag den Eindruck, das Wort "Überbuchung" würde sich zum Unwort des Jahres entwickeln. Überbuchung ist nichts Negatives, sondern Instrument ein Netz wirtschaftlich kalkulieren zu könnnen, einzig der Faktor ist entscheidend. Ein Faktor von 20-50 ist ohne Probleme und merkliche Nachteile für den Endkunden machbar (die "grossen" Anbieter, ohne Namen zu nennen, überbuchen mit Faktor 50-100). D.h. im genannten Fall kann ich mit 155Mbit locker 1000 Kunden á 3Mbit anschliessen, ohne dass Engpässe auftreten. Und
wirtschaftlich muss jeder Betreiber denken, die T-C** betreibt ihre Netze auch nicht aus purer Gefälligkeit, Samaritertum oder gar Nächstenliebe.
Die Festlegung als Universaldienst ist (wirtschaftlicher) Blödsinn, zumindest in der propagierten, wenn auch sicherlich betriebssichersten "Kabel"-Variante. Ich kann auch nicht in jedem kleinen Ort einen Supermarkt staatlich garantieren, obwohl Essen sicher höher als Breitband einzustufen ist:-))
Der einzig halbwegs wirtschaftliche Weg Kleingemeinden (<500 Einwohner) ans Netz zu bringen, liegt im Funkbereich, auch wenn man von einer Wirtschaftlichkeit nicht immer sprechen kann. Aber dafür gibt es ja die Fördermittel. Und ob dies dann durch die Kommune, Stadtwerke, einen Verein oder örtlichen TK-Dienstleister als Netzbetreiber geschieht, ist eigentlich nicht relevant.
Das Beispiel des Bürgernetzes Dresden sollte man nicht als wirtschaftlichen Maßstab nehmen, weil die g
eografischen und demokrafischen Gegebenheiten des Elbtals, insbesondere Dresden/Radebeul, nicht auf das Erzgebirge übertragbar sind. Im Erzgebirge ist der Aufwand pro Nutzer aus genannten Gründen ungleich höher. Ein Netz hier mit 10€/Monat/User kostendeckend betreiben zu wollen, ist schlichtweg unmöglich. Den Bereich 58-61GHz kann man im Gebirge wohl generell vergessen, da bereits 2,4 und 5,7GHz Systeme an Ausbreitungsgrenzen stossen, wenn das Ganze noch halbwegs wirtschaftlich realisiert werden soll. Richtfunk bleibt Sichtfunk und je höher die Frequenz umso mehr trifft dieser Satz zu. Was nützt es von 100Mbit zu reden, wenn momentan gar nichts verfügbar ist. 1Mbit mit Fullflat wären da ein Quantensprung.
Meiner Meinung nach wird dem Aspekt "Bandbreite" generell zu viel Priorität geschenkt. Der Parameter "Latenz" ist für viele Applikationen (VoIP, VPN) wesentlich wichtiger und dann komme ich auch mit 1Mbit aus, wenn Latenzzeiten unter 150ms erreicht werden. Unter diesem Aspekt ist Sat-DSL eigentlich nicht als Breitbandanschluss zu werten und zu gebrauchen.
Zum Stichwort Digitale Dividende:
Technologien sind sicher genug vorhanden, um eine Versorgung zu schaffen. Immer neue Technologien ins Spiel zu bringen, löst nicht das Hauptproblem: fehlende Wirtschaftlichkeit !!!
Aber genau dieses Problem, bedingt durch zum Teil dünne Besiedlung (heisst: wenig Nutzer) und demografische Faktoren (im Durchschnitt überaltert => auch weniger Nutzer als im Bundesschnitt), bleibt bestehen oder wird noch schlimmer, wenn man nicht
schnell Lösungen für die betroffenen Gebieten findet. Dabei ist
schnell die entscheidende Komponente. Und eine Funklösung kann durchaus erstmal eine Übergangslösung sein für ein paar Jahre. Wenn dann immer noch keine Kabellösung in Aussicht steht, weil es sich partout nicht lohnt, insbesondere in den eingangs angesprochenen Kleingemeinden, wird es halt zur Dauerlösung.
Aber Aufschreie an die Politik bringen nichts voran, schon gar nicht
schnell. Aber Hilferufe an den Staat sind wohl in Mode gekommen, selbst wenn pure Inkompetenz der Problemauslöser war (Banken, Autohersteller). Also wenn es wirklich dringend unter den Nägeln brennt, hilft nur entsprechende Eigeninitiative, am besten gleich im Zusammenarbeit mit den kommunalen Entscheidern.
Gruss
rde