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Diskussion zur Seminararbeit siehe: digitale Spaltung in Deutschland Infos dazu?!
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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition der Digitalen Kluft
3. Die Digitale Kluft als globales Phänomen
3.1. Entwicklungsländer und Industrienationen
3.2. Digitale Rückstände und Benachteiligung der Entwicklungsländer
3.3. Lösungsansätze zur Überwindung der Digitalen Kluft
4. Die nationale Breitbandkluft in Deutschland
4.1. Versorgungstechniken in Deutschland
4.2. Verfügbarkeit von DSL
4.3. Auswirkungen der Breitbandkluft
4.4. Alternative Breitbandzugangsmöglichkeiten
5. Resümee
6. Anhang
6.1. Eigenständigkeitserklärung
6.2. Quellenangaben
6.2.1. Internetquellen
6.2.1. Buchquellen
6.3. Bildquellen
6.4. Zitate
1. Einleitung
Kaum ein Werbespot, kaum eine Zeitungsannonce kommt noch ohne „WWW-Zeile“ aus, auf beinahe jeder Visitenkarte prangt unübersehbar ein „@“, das darauf hinweist, dass derjenige von dem die Visitenkarte stammt, per E-Mail erreichbar ist. Ganze Wirtschaftszweige basieren auf dem neuen Medium Internet, das fester Bestandteil unseres Alltags geworden und dessen Bedeutung für das Funktionieren heutiger Strukturen in Wirtschaft und Gesellschaft ohne Zweifel entscheidend ist. Durch das Internet wird die Welt zum virtuellen Dorf, Kommunikation über weite Strecken läuft in Bruchteilen von Sekunden ab. Doch während in den Industrieländern der Welt das Internet kaum mehr weg zu denken ist, hat der Großteil der Menschheit noch nicht mal eine Vorstellung von diesem Medium, geschweige denn Berührungspunkte oder gar regelmäßigen Zugang. Hier bestehen also große Unterschiede zwischen Entwicklungsländern und Industrieländern.
Aber auch in den Industrieländern selbst bestehen große Unterschiede was die Verfügbarkeit und den Zugang des Internets betrifft. Angeregt durch verschiedene Fernsehberichte, erschien mir dies als interessantes Thema um mit der Einzelseminararbeit auf die erste Arbeit zum Thema Geschichte und Bedeutung des Internets aufzubauen.
Die oben genannten Tatsachen sind einige Bestandteile unter vielen, die unter dem Begriff „Digitale Kluft“ zusammengefasst werden. Diese Thematik soll in der vorliegenden Arbeit behandelt werden. Dazu wurden die beiden oben erwähnten Hauptaspekte herausgegriffen, da es nicht möglich ist alle Aspekte, die dieses Thema betreffen abzudecken. Gegliedert ist diese Arbeit daher in zwei Hauptteile, zusätzlich soll in Kapitel 2. Definition der Digitalen zunächst einmal der Begriff „Digitale Kluft“ geklärt werden. Anschließend werden in Kapitel 3. Die Digitale Kluft als globales Phänomen die Probleme der Entwicklungsländer bezüglich des Internetzugangs herausgearbeitet, dazu wird zunächst einmal in Kapitel 3.1. Entwicklungsländer und Industrienationen geklärt, was unter Entwicklungsländern zu verstehen ist. In 3.2. Digitale Rückstände und Benachteiligung der Entwicklungsländer werden dann die Ausprägungen der Digitalen Kluft in den Entwicklungsländern behandelt und anschießend in 3.3. Lösungsansätze zur Überwindung der Digitalen Kluft verschiedene Projekte zur Überwindung oder zunächst einmal zur Verkleinerung der Kluft vorgestellt.
In Kapitel 4. Die nationale Breitbandkluft in Deutschland werden dann Aspekte der Verfügbarkeit von schnellen Internetzugängen behandelt, dabei erfolgt eine Konzentration auf die Situation in Deutschland. Auch hier wird eine Untergliederung vorgenommen: In 4.1. Versorgungstechniken in Deutschland werden im Vorfeld die üblichen Internetzugangstechniken vorgestellt, anschießend werden in 4.2. Verfügbarkeit von DSL Faktoren, die für die Verfügbarkeit der wichtigsten schnellen Internetzugangstechnik entscheidend sind, angesprochen. Die Probleme, die durch die Nicht-Verfügbarkeit auftreten, werden in 4.3. Auswirkungen aufgezeigt und in 4.4. Alternative Breitbandzugangsmöglichkeiten die wichtigsten Alternativen zu DSL vorgestellt.
Zusätzlich sind ergänzende Informationen in Kästen, die in den zugehörigen Text eingebettet sind, vorhanden um sich ein besseres Gesamtbild zu verschaffen.
2. Definition der Digitalen Kluft
Herkunft des Begriffs
Der Begriff „Digitale Kluft“ ist die deutsche Übersetzung der englischen Bezeichnung „digital divide“, der seit Mitte der 1990er Jahre in der öffentlichen Diskussion auftaucht. Neben der Bezeichnung Digitale Kluft werden auch die Begriffe „Digitale Spaltung“, „Digitale Teilung“ oder „Digitaler Graben“ verwendet. Allerdings sei „ein adäquater [deutscher] Ausdruck für das hier gemeinte Problem noch nicht gefunden worden“, da „die Übersetzung“ von divide mit Spaltung „zu dramatisch und radikal“ sei.1
Bedeutung
Eine genaue Definition des Begriffs ist schwierig, da die Frage wie weit dieser Begriff gefasst ist, sich in der Wissenschaft bzw. der Fachliteratur meist daran orientiert welche Forschungsaspekte in den Vordergrund gestellt werden sollen. Manche Definitionen beziehen sich daher ausschließlich auf das Internet, andere schließen alle modernen Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK-Technologien) mit ein. Diese Arbeit soll sich als Vertiefung der Seminararbeit Geschichte und Bedeutung des Internets vom 27.01.2006 vor allem auf das Internet beziehen.
Auch die Spannweite des Begriffs ist umstritten, so wird die Digitale Kluft teilweise allein auf den Zugang, einer bestimmten Gruppe von Menschen zum Internet, beschränkt. Allerdings wird die Digitale Kluft von Kritikern gerade deshalb in Frage gestellt, weil übersehen werde, „dass die Entwicklungschancen weniger von technischen Gegebenheiten ("Anschluss ans Netz") abhängt, als von den Fähigkeiten der Menschen, mit diesen Techniken umzugehen.“2 Aus diesem Grund reicht eine Definition, die sich allein auf den Aspekt der Verfügbarkeit bezieht nicht immer aus.
In ihrer Gesamtheit muss die Digitale Spaltung daher als mehrdimensionales Problem gesehen werden, nicht nur deshalb, weil ein Problem beschrieben wird, das abhängig von vielen Faktoren ist, sondern auch deshalb, weil es nicht eine sondern mehrere Digitale Spaltungen gibt. Es gibt die Digitale Spaltung der Welt (siehe Kapitel 3. Die Digitale Kluft als globales Phänomen; Seite 10) in Länder, in denen ein Zugang zum Internet grundsätzlich möglich ist und die gut mit entsprechender Infrastruktur ausgestattet sind und in Länder, in denen dies nicht gegeben ist. Weitere Ausprägungen sind die Spaltungen innerhalb einer Gesellschaft, zum Beispiel in arm und reich, gebildet und ungebildet, alt und jung und Männer und Frauen, sowie in verschiedene Zugangsmöglichkeiten, also ob in einem bestimmten Gebiet ein schneller Zugang zum Beispiel mit DSL möglich ist oder nur langsame ISDN-Anschlüsse verfügbar sind (siehe Kapitel 4. Die nationale Breitbandkluft in Deutschland).
Eine dieser mehrdimensionalen Definitionen liefert die Wissenschaftlerin Pippa Norris. Sie sieht die Digitale Spaltung als dreidimensionales Phänomen, so sieht sie eine globale Kluft zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, eine soziale Kluft zwischen information rich und information poor auf nationaler Ebene, also eine Kluft zwischen denen, die Zugang zu Informationen haben und denen, denen dieser Zugang fehlt und eine Kluft zwischen denen, die Möglichkeiten digitaler Ressourcen nutzen und denen, die sie nicht nutzen.
Auch Lisa Servon beschreibt in diesem Zusammenhang drei Dimensionen. Zum einen den Aspekt des Zugangs zum Internet, also die vorhandene Infrastruktur die nötig ist. Als zweites benennt sie die Fähigkeiten die nötig sind um einen Internetzugang erfolgreich zu nutzen, dazu gehört auch das Wissen darüber, welche Möglichkeiten das Internet eröffnet. Der dritte Aspekt ist der im Internet präsentierte Inhalt. Hier besteht ihrer Meinung nach das Problem, dass es zu wenige Informationen für benachteiligte Gruppen (zum Beispiel Menschen aus Entwicklungsländern) gibt, so dass diese sehr schnell enttäuscht werden und sich vom Medium Internet abwenden.
Eine Kombination beider Beschreibungen ist wohl die beste Wahl, da sowohl globale, als auch nationale Unterschiede vorhanden sind und zwar in Bezug auf den Zugang zum Internet, die nötige Kompetenz zur effektiven Nutzung und die Inhalte des Internets. Der Begriff darf sich also nicht nur auf die Beschreibung eines technischen Problems beschränken, sondern muss auf die Fähigkeit zur Nutzung des Internets erweitert werden. Denn Menschen die zwar einen Zugang zum Internet haben, aber nicht wissen, wie ein Computer bedient werden muss und den im Internet vorhandenen Inhalt nicht verstehen (ca. 60 bis 70 % des Informationsangebotes ist in englischer Sprache verfasst), haben im Endeffekt reichlich wenig Nutzen davon.
Die Wissensklufthypothese
Im Zusammenhang mit der Fähigkeit zur Nutzung des Internets taucht immer wieder der schon in den 1970er Jahren geprägte Begriff der Wissenskluft auf. Nach dieser, von einem Forscherteam um Professor Phillip J. Tichenor an der Universität von Minnesota entwickelten, Theorie profitieren Menschen mit höherer formaler Bildung relativ gesehen sehr viel stärker von neuen Medien als Menschen mit schlechterer Bildung, dadurch kommt es dann zu der so genannten Wissenskluft zwischen diesen Bevölkerungsgruppen.
Diese Theorie geht davon aus, dass ein direkter Zusammenhang zwischen Bildungsstand und Wissensstand besteht. Dies äußert sich dadurch, dass Menschen mit höherem Bildungstand leichter in der Lage sind neue Medien effektiv zu nutzen und sich dadurch neues Wissen anzueignen als Menschen mit niedrigerem Bildungsstand. Zwar vergrößern auch Menschen mit geringer formaler Bildung ihr Wissen durch die Nutzung von neuen Medien, allerdings weniger schnell als Menschen mit hoher formaler Bildung. Auf diese Weise vergrößert sich der Abstand zwischen Gebildeten und weniger Gebildeten, wie das Schaubild nach Prof. Heinz Bonfadelli (Universität Zürich) veranschaulicht.
Begründet wird dies zum einen mit der unterschiedlichen Nutzung dieser Medien. Gebildete Menschen verwenden diese stärker um sich zu informieren (z.B. Nachrichtenangebote, Onlinelexika) und um zu kommunizieren (z.B. E-Mail), wohingegen Menschen mit geringer Bildung eher das Unterhaltungsangebot nutzen (z.B. Chats, Spiele). Demnach besteht die Gefahr der Entstehung einer Wissenskluft besonders bei Themen, die die jeweilige Person nicht selbst betreffen (ich-ferne Themen).
Zusätzlich sind höher Gebildete aufgrund ihres größeren Hintergrundwissens auch besser in der Lage wichtige Informationen von unwichtigen zu trennen und diese in Bezug zu einander zu setzten.
Nach dieser Theorie könnte diese Kluft innerhalb einer Gesellschaft allein durch mehr Internetzugänge sogar verstärkt anstatt geschlossen zu werden, da auch bestimmte Fähigkeiten und eine gewisse Bildung von Nöten sind. Dies unterstreicht nochmals die Komplexität der Digitalen Spaltung, weshalb diese nicht allein mit der unterschiedlichen Verteilung von Internetzugängen definiert werden darf.
3. Die Digitale Kluft als globales Phänomen
Während das Internet in den letzten Jahren in Deutschland und allen anderen sogenannten Industrienationen der „Ersten Welt“ zu einem Medium für jedermann und somit zum festen Bestandteil des Alltags wurde, sind Entwicklungsländer in diesem Medium immer noch stark unterrepräsentiert. Neben der geringen Teilnehmerzahl aus diesen Staaten gibt es auch nur sehr wenig Material im Internet, das aus Entwicklungsländern stammt. Hier vollzieht sich die Digitale Kluft auf ihrer globalen Ebene – zwischen „Erster“ und „Dritter Welt“.
Mit diesem Phänomen und den damit verbundenen Problemen befasst sich das folgende Kapitel.
3.1. Entwicklungsländer und Industrienationen
Um das Problem der Digitalen Kluft als globales Phänomen beschreiben zu können, ist es wichtig die Begriffe „Entwicklungsland“ und „Industrienation“, sowie die Bezeichnungen „Erste“ und „Dritte Welt“ genau zu umreißen und klarzustellen, was darunter verstanden werden muss.
Definition und Begriffe
Die Begriffe „Entwicklungs-“, „Dritte Welt-“ oder „Südländer“ stehen alle für dieselbe Gruppe von Ländern, die sich durch gleiche oder ähnliche Probleme kennzeichnen: Niedriger sozialer, wirtschaftlicher und politischer Entwicklungsstand. Im Sprachgebrauch werden sie somit synonymisch für die armen Länder verwendet und stehen im Gegensatz zu „Industrie-“, „Erste Welt-“ oder „Nordländer“. Trotz ihrer noch immer aktuellen Verwendung, die auch auf das Fehlen von Alternativen zurückgeführt werden kann, sind alle diese Begriffe aus verschiedenen Gründen problematisch.
So wird am Begriff „Entwicklungsland“ kritisiert, „dass er etwas suggeriert, was manchmal gar nicht stattfindet: nämlich Entwicklung.“3 Diese Kritik kann von der englischen Bezeichnung „developing countries“ abgeleitet werden, die wörtlich übersetzt nicht dem weitgehend wertneutralen Begriff „Entwicklungsland“ sondern der Übersetzung „sich entwickelndes Land“ entspricht. Als Pendants zu „Entwicklungsländer“ werden häufig die Begriffe „Industrieländer“ für hoch entwickelte Länder und „Schwellenländer“ für Länder in einer Art Übergangszustand verwendet. Allerdings sind auch diese Begriffe problematisch, da sich zum einen die wirtschaftliche Grundlage in den sogenannten Industrieländern meist vom Industriezum Dienstleistungssektor verlagert hat, zum anderen, weil sich die historische Industrialisierung, die in diesen Ländern stattgefunden hatte, deutlichen von den Prozessen unterscheidet, die sich in Entwicklungs- und Schwellenländern vollziehen. Trotzdem sind diese drei Begriffe wohl am passendsten und werden weitgehend akzeptiert, da es sich um relativ wertfreie Begriffe handelt, so verwendet auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) den Begriff „Entwicklungsland“.
Die Bezeichnungen „Erste“ und „Dritte Welt“ gehen auf die Einteilung in Ost und West aus dem Kalten Krieg zurück, wobei die „Erste Welt“ für die westlichen Industriestaaten, die „Zweite Welt“ für die östlichen Industriestaaten und die „Dritte Welt“ für die blockfreien Staaten stand. Die Bezeichnung „Dritte Welt“ oder auch „dritter Block“ wurde dabei von diesen Ländern (afroasiatische Länder) selbst verwendet, um sich sowohl vom Ost- als auch vom Westblock als blockfrei abzugrenzen. Mit Ende des Ost-West-Konflikts verschwand diese Bedeutung aber zunehmend und wird heute als Synonym für Entwicklungsländer verwendet. Dies ist aber insofern umstritten, da es mit dem Verschwinden der zweiten Welt „auch keine Dritte Welt mehr geben könne.“4 Außerdem assoziiert der Begriff eine nachrangige Stellung der betreffenden Länder, was als diskriminierend aufgefasst werden kann.
„Norden“ und „Süden“ sind weitere Begriffe, die für Industrie- und Entwicklungsländer verwendet werden. Allerdings ist diese Aufteilung sehr ungenau, denn „die Tatsache, dass sich wohlhabende Staaten wie Australien oder Neuseeland ebenfalls auf der südlichen Hemisphäre befinden bzw. im Norden die Mongolei oder Nordkorea, verdeutlicht, wie unzutreffend der Begriff ist.“5 Ähnliches ist beim Begriff „Westen“ für reiche Staaten zu erkennen, der aber trotzdem häufigen Gebrauch findet. Trotz seiner Ungenauigkeit bezeichnen sich Entwicklungsländer zunehmend selbst als „Süden“, wohl auch deshalb, weil es sich eben nur um eine geographische Bezeichnung handelt, die dadurch wertfrei ist. Und auch der Begriff „Nord-Süd- Beziehungen“ ersetzt teilweise die „Entwicklungspolitik“.
Merkmale von Entwicklungsländern
Bei der großen Zahl an Entwicklungsländern besteht selbstverständlich eine gewisse Heterogenität, so dass es schwierig ist anhand einer Merkmalsliste zu bestimmen ob ein Land ein Entwicklungsland ist oder nicht. Zudem treffen auch einiger dieser Merkmale auf Industrieländer zu, trotzdem gibt es einige Charakteristika, die für Entwicklungsländer im Großen und Ganzen typisch sind.
Die wirtschaftlichen Merkmale von Entwicklungsländern sind oftmals in ihrer kolonialen Vergangenheit begründet, so ist die Wirtschaft vieler Entwicklungsländer stark auf die Märkte der Industrieländer ausgerichtet und damit abhängig vom Weltmarkt. Besonders problematisch ist eine solche Ausrichtung, da die Wirtschaft oftmals auf den Export einiger weniger Rohstoffe aus der Landwirtschaft (teilweise auch ein einziges Produkt wie zum Beispiel Kaffee) oder Bodenschätze ausgerichtete ist. Die Wirtschaft konzentriert sich daher auch meist auf den primären Sektor, in welchem nur eine geringe Wertschöpfung möglich ist. Da im primären Sektor auch der Großteil der Bevölkerung beschäftigt ist, haben Entwicklungsländer ein niedriges Durchschnittseinkommen pro Kopf, wobei allerdings große Einkommensunterschiede innerhalb der Bevölkerung zu beobachten sind (Großteile des Einkommens/Vermögens auf einen sehr kleinen Prozentsatz der Bevölkerung verteilt). Neben dem Primärsektor erfährt auch der informelle Sektor große Bedeutung. Mit dem niedrigen Durchschnittseinkommen ist auch eine niedrige Sparund Investitionstätigkeit verbunden, dabei wird von den Wohlhabenden häufig im Ausland statt im Inland investiert. Weitere Merkmale sind die meist schlechte Infrastruktur, die die Wirtschaft behindert und eine hohe Auslandsverschuldung.
Zu den sozialen Merkmalen gehört die oftmals problematische Volksgesundheit, die sich durch hohe Kindersterblichkeit und geringe Lebenserwartung kennzeichnet. Begründet ist dies zum Beispiel im schlechten Zugang der Bevölkerung, zu sauberem Trinkwasser, genügend Nahrungsmitteln, medizinischer Versorgung und angemessenen Wohnungen. Auch sind viele Entwicklungsländern von Seuchen (z.B. Cholera) und Pandemien (z.B. AIDS) betroffen, was mit mangelnder Hygiene und Aufklärung zusammenhängt. Die Bevölkerungsstruktur ist ebenfalls durch die niedrige Lebenserwartung, die hohe Geburtenrate und die ebenfalls hohe, aber stark rückläufige Kindersterblichkeit geprägt, dadurch kommt es zu einem starken Bevölkerungswachstum. Da das Wirtschaftswachstum meist nicht mit dem Wachstum der Bevölkerung schritthalten kann, führt dies zu weiteren Problemen, wie hoher Arbeitslosigkeit und Landflucht, verbunden mit einer Slumbildung in den Großstädten. Andererseits kann das Bevölkerungswachstum durch AIDS (siehe oben) stark eingeschränkt werden, besonders problematisch ist dies, da dabei der wirtschaftlich aktivste Teil der Bevölkerung betroffen ist und die wirtschaftliche Leistung stark geschwächt wird. Ein weiteres Merkmal ist die unzureichende Ausbildung der Menschen, die sich in einer hohen Analphabetenquote äußert.
Politisch sind Entwicklungsländer oft instabil, oder auch autoritär regierte Staaten (Militärherrschaft, Diktatur). Das Vertrauen der Bevölkerung in staatliche Institutionen ist daher meist gering. Viele Länder haben dabei noch mit Nachwirkungen des Kolonialismus zu kämpfen und sind bzw. waren in militärische Auseinandersetzungen mit Nachbarstaaten oder Bürgerkriege verwickelt. Außerdem werden Menschenrechte häufig missachtet und Korruption ist ein weit verbreitetes Problem, durch das zum Beispiel Entwicklungshilfemittel veruntreut werden.
Auch soziokulturelle Aspekte können bei der Bestimmung wichtig sein, so ist bei vielen (vor allem afrikanischen) Entwicklungsländern eine nicht abgeschlossene Nationsbildung (nation-building) zu beobachten. Dies ist wiederum in der kolonialen Vergangenheit begründet, da auf dem Gebiet vieler afrikanischer Staaten nie zuvor eine staatliche Einheit bestanden hatte und so auch kein gemeinsames Identitätsbewusstsein vorhanden war. Außerdem sind eine geringe soziale Mobilität und ein damit verbundenes Festhalten an traditionellen Verhaltensmustern zu beobachten, wie zum Beispiel das Kastenwesen in Indien, wodurch gesellschaftlicher Aufstieg oder Wechsel einer bestimmten beruflichen Tätigkeit verhindert werden. Auch die Benachteiligung von Frauen in vielen Gesellschaften und die starke Bindung des Einzelnen an bestimmte Teilgruppen gehören zu den soziokulturellen Merkmalen von Entwicklungsländern. All dies lähmt eine Gesellschaft und wirkt sich damit negativ auf den wirtschaftlichen und kulturellen Fortschritt aus.
3.2. Digitale Rückstände und Benachteiligung der Entwicklungsländer
Die verschiedenen Ausprägungen der Digitalen Spaltung, also Defizite bei Kompetenz, Zugang und Inhalten (siehe Kapitel 2. Definition der Digitalen S.6) sind in vielen Entwicklungsländern gegeben, so mangelt es an verschiedenen Grundvoraussetzungen, die nötig sind um das Internet zu nutzen und dadurch einen Fortschritt zu erfahren.
Infrastruktur und Technik
Für einen Anschluss an das Internet sind drei Grundvoraussetzungen nötig: Eine funktionierende Infrastruktur aus Telefonleitungen und Stromnetz, sowie als drittes die nötige lokal vorhandene Technik, also Computer und Modem selbst.
Schon allein die erste Voraussetzung, eine Stromversorgung, ist in vielen Entwicklungsländern nicht gegeben, „charakteristisch sind vielmehr die Instabilität der Stromversorgung, häufige Stromausfälle in den Städten und das völlige Fehlen von Elektrizität auf dem Lande.“6 Hier besteht ein bedeutender Unterschied zwischen Entwicklungs- und Industrieländern: „Jeder Dritte weltweit muss ohne elektrischen Strom auskommen; in Afrika haben 70 % der Landbevölkerung keinen Zugang zu Elektrizität.“7
Auch bei der Telekommunikationsinfrastruktur bestehen große Defizite der Entwicklungsländer, so kommen dort auf 100 Einwohner nur 5,2 Telefone im Durchschnitt. Im Vergleich dazu besitzen in Industrieländern 54% der Einwohner einen Telefonanschluss.
Ebenso wie bei der Stromversorgung besteht auch bei der Telekommunikationsinfrastruktur ein starkes Stadt-Land-Gefälle, denn die meisten Telefonanschlüsse befinden sich in den Städten, obwohl der Großteil der Bevölkerung im ländlichen Raum lebt. Ein weiters Problem ist die Qualität der Leitungen, denn akzeptable Datenübertragungsraten lassen sich mit schlechten Leitungen nicht bewerkstelligen.
Investitionen um die infrastrukturellen Probleme sowohl im Kommunikationssektor, als auch im Bereich der Energieversorgung auf ein ähnliches Niveau wie in den Industrieländern zu heben bedürften eines erheblichen Ausmaßes, das von den betroffenen Ländern wohl kaum geleistet werden kann.
Auch die dritte Bedingung für einen funktionierenden Internetzugang – ein Computer mit Modem – ist ein erheblicher Kostenfaktor, der zudem von den einzelnen Personen selbst geleistet werden müsste. Dies ist angesichts der Tatsache, dass die meiste Hard- und Software aus den Industrieländern kommt und daher entsprechend teuer ist, für Menschen in Entwicklungsländern mit relativ niedrigen Einkommen nicht zu bewältigen. Beispielsweise „kostet in Bangladesh ein PC das achtfache eines Jahreslohns.“8 Außerdem entstehen mit einem Internetzugang erhebliche Folgekosten in Form von Internetgebühren. Des Weiteren entstehen dadurch Kosten, dass veraltete Hardware aufgrund der rasanten Weiterentwicklung nach einiger Zeit ersetzt werden muss. Zwar sind für die Nutzung des Internets keine Hochleistungsrechner erforderlich, trotzdem müssen Hard- und Software einem gewissen technischen Niveau genügen, um immer aufwendiger programmierte Webpages oder E-Mailnachrichten anzeigen zu können.
Verschiedene Projekte zur Entwicklung und Vermarktung von so genannten Volkscomputern oder auch Low-Cost-Computern, also Computern mit extrem kostengünstiger Hard- und Software, die sich auch arme Menschen leisten können, werden in Kapitel 3.3. Lösungsansätze zur Überwindung der Digitalen Kluft auf Seite 17 vorgestellt.
Die Hürde der Bildungsdefizite
Bei der Nutzung von Computern und dem Internet spielt die Bildung eine entscheidende Rolle. Zum einen müssen elementare Fähigkeiten, wie Lesen und Schreiben vorhanden sein und zum anderen müssen Computerkenntnisse vorhanden sein um den Computer überhaupt bedienen zu können. Gerade weil das Internet ein hauptsächlich textbasiertes Medium ist, bestehen hier große Probleme in Entwicklungsländern. Weltweit waren im Jahr 2000 nur ca. 79% aller Menschen über 15 Jahren in der Lage zu Lesen und zu Schreiben. In den wenig entwickelten Ländern lag dieser Wert bei 73% und in den am wenigsten entwickelten Ländern gar bei 51% (dabei „handelt es sich [allerdings] meist um Selbstauskünfte, die also geschönt sein können.“9).
Für viele Menschen in den betroffenen Ländern besteht hierin eine nahezu unüberwindliche Hürde, nicht nur in Bezug auf die Nutzung des Internets. Ohne Alphabetisierung der Bevölkerung in diesen Ländern, wird also eine Überwindung der Digitalen Kluft und vieler anderer Unterschiede zwischen Industrie- und Entwicklungsländern nicht möglich sein.
Inhalte und Sprache
Wesentliche Beträge zum Erfolg des Internets, wurden von US-amerikanischen und europäischen Organisationen geleistet (vgl. Seminararbeit vom 27.01.2006 Geschichte und Bedeutung des Internets). Auch durch seinen Wandel zum globalen Medium hat das Internet seine tiefgreifende westliche Prägung nicht verloren. Aus diesem Grund besteht auch eine inhaltliche Dominanz der westlichen Kultur. Sichtweisen und Stimmen der Entwicklungsländer werden oft verdrängt, schon allein deshalb weil der Großteil der Informationen im Internet in englischer Sprache verfasst ist (ca. 70%). Daneben gibt es auch noch zahlreiche Informationen in deutsch, französisch, spanisch und japanisch, damit kann aber wohl kaum die Sprachvielfalt der Welt mit ihren über 6000 verschiedenen Sprachen repräsentiert werden.
Zudem finden sich kaum Inhalte, die die Bedürfnisse der Menschen in Entwicklungsländern befriedigen. Vor allem Menschen im ländlichen Raum benötigen regionale Informationen, wie Nachrichten über Politik, Kultur und Wirtschaft, also zum Beispiel Preise eines bestimmten Produkts auf dem nahegelegenen Markt. Ein Beispiel aus Mosambik verdeutlicht dies:
„die allermeiste Information über Mozambique steht nicht auf unseren, sondern auf ausländischen Seiten. Und die Information ist dann auf englisch oder portugiesisch. Viele in unserem Land sprechen diese Sprachen aber nicht oder nur schlecht, sie haben somit zu diesen Informationen keinen Zugang. Wenn Sie keinen Zugang haben, haben sie kein Wissen, und ohne Wissen kann man kein Land entwickeln. Wir wollen eines Tages unseren eigenen Inhalt aufbauen, und Informationen über unser Land selbst verbreiten. Wir haben der Welt soviel zu zeigen.“10
3.3. Lösungsansätze zur Überwindung der Digitalen Kluft
Zur Überwindung des Digitalen Grabens müssen aufgrund seiner Komplexität viele unterschiedliche Faktoren berücksichtigt werden. Allerdings ist auch, wenn alle anderen Voraussetzungen gegeben sind, das Vorhandensein von Computern essentiell. Daher setzen viele Versuche den Digitalen Graben zu überwinden bei der Finanzierbarkeit von Computern und Internetzugängen an.
Öffentliche Internetzugänge
Da es in den meisten Entwicklungsländern unmöglich ist mittelfristig einen großen Prozentsatz der Haushalte an Elektrizitätsversorgung und Telefonnetz anzuschließen, besteht eine Lösungsmöglichkeit in der Schaffung von lokalen, öffentlichen statt individuellen Internetzugängen. Diese werden an Orten eingerichtet, zu denen viele Menschen Zugang haben, also zum Beispiel in Ämter, Kliniken oder Bibliotheken. Dabei muss zwischen kommerziellen Einrichtungen und solchen mit entwicklungspolitischem Auftrag unterschieden werden. Kommerzielle Angebote finden sich eher in Städten, da sie auch von Touristen oder Geschäftsleuten genutzt werden. Verschiedene nichtkommerzielle Projekte gibt es in mehreren Ländern, teilweise wird hierbei auch Hilfestellung bei der Recherche und der Nutzung der Software angeboten.
Vorteile bieten solche Einrichtungen auch für die Verwaltung der betreffenden Regionen. Über das Internet ist eine bessere und schnellere Kommunikation mit lokalen Behörden möglich, vor allem aber ist es auch der regionalen Verwaltung möglich mit der Regierung zu kommunizieren, der Verwaltungsweg bleibt keine Einbahnstraße von oben nach unten sondern wandelt sich, so dass ein Austausch von beiden Seiten möglich ist.
„Volkscomputer“
Verschiedene Projekte verfolgen das Ziel die Menschen in den Entwicklungsländern mit eigenen Computern zu versorgen. Dabei peilen die Macher vor allem die Bezahlbarkeit der Rechner und die Anpassung an die Bedürfnisse in den Entwicklungsländern an. Drei dieser Projekte sollen hier vorgestellt werden: Bereits 1999 wurde in Indien die Non-profit Organisation Simputer Trust gegründet, mit dem Ziel einen günstigen Computer namens Simputer (für Simple Inexpensive Mobile Computer) zu entwickeln.
Datenblatt: Simputer / Amida
· Handheldcomputer
· Indien, Simputer Trust, 1999
· Preis: ca. 240$
· weltweite Vermarktung
Technische Daten:
· Intel StrongArm-Prozessor (206MHz)
· Arbeitsspeicher: 32-64 MB RAM
· Energieversorgung: Lithium Ionen Akku
· Datenspeicherung mit auswechselbaren Speicherkarten
· V.90-Modem (analog, 56 KBit/s)
· Touchscreen zur Bedienung
· Betriebssystem: Linux
Besonderheit: Bedienbar für Analphabeten durch Verwendung von Sprachsteuerung und intuitiver Bedienung und die Unterstützung regionaler indischer Sprachen.
Dabei handelt es sich nicht um einen „normalen“ Desktopcomputer oder Laptop, sondern um einen Handheld- oder Pocketcomputer oder auch PDA (für Personal Digital Assistant), also um einen kleinen, mobilen Computer für die Westentasche.
Das Besondere daran ist, dass er speziell für Analphabeten entwickelt wurde, das heißt er ist sprachgesteuert, verwendet die in Indien gebräuchlichen Sprachen und lässt sich sehr einfach bedienen. Mit ihm sollte es gelingen Analphabeten in das Informationszeitalter zu integrieren, dies sollte vor allem durch die Software erreicht werden: „Ein spezielles Programm übersetzt Text und gibt ihn über Lautsprecher in den indischen Sprachen Hindi, Kannada und Tamil aus. […] Einfache Symbole ersetzen die Menüführung, die Bedienung gelingt intuitiv.“11 Die Eingabe erfolgt im Normalfall nicht über eine Tastatur, sondern über einen Touchscreen. Die gesamte Software stammt aus dem Open-Source-Bereich, als Betriebssystem wird eine Linuxdistribution (siehe Kasten Open Source Software) eingesetzt.
Durch eine weitere Besonderheit soll es ermöglicht werden, dass die Computer von mehreren Menschen geteilt werden können, deshalb kommt ein Kartenlesegerät zum Einsatz. Auf diese Weise kann jeder Benutzer eine eigene Speicherkarte verwenden, auf der sein persönliches Profil und seine Daten gespeichert sind. Dadurch können sich mehrere Menschen auch die Kosten für ein solches Gerät teilen und es besteht die Möglichkeit, dass die Geräte von Ladenbesitzern an Kunden ausgeliehen werden, die dann ihre eigene Speicherkarte einsetzen. Für den Internetzugang ist ein Modem integriert.
Open Source Software
Der Begriff „Open Source“ bezieht sich auf Computersofware, die einen offenen Quellcode besitzt. Dies bedeutet, dass der Programmtext, der jedem Computerprogramm zu Grunde liegt, bei Open Source Software (OSS) im Gegensatz zu sonstiger Software frei verfügbar ist. OOS kann daher von jedem beliebig verändert und angepasst werden. Die meiste Open Source Software ist daher kostenlos und für jedermann (z.B. über das Internet) verfügbar und darf sowohl privat als auch kommerziell eingesetzt werden. OOS wird zum einen von Firmen, die Supportdienstleitungen und Handbücher für diese Software verkaufen, und zum anderen von vielen freiwilligen Programmieren auf der ganzen Welt hergestellt und stetig weiterentwickelt.
Das Betriebssystem Linux ist wohl der bekannteste Vertreter von OOS. Verschiedene Linuxprojekte und Firmen bieten sogenannte Distributionen an. Distributionen sind fertige Zusammenstellungen von Software, die aber alle auf dem gleichen Kern basieren. Linux ist daher meist kostenlos verfügbar (bis auf einige Distributionen, bei denen für Handbuch und Support bezahlt werden muss) und eignet sich deshalb besonderes für den Einsatz in Low-Cost-Computern.
Doch was vor einigen Jahren so hoffnungsvoll startete scheint sein Ziel mittlerweile verfehlt zu haben, so berichtet zumindest das Internetportal Netzkritik. Verschiedene Probleme traten auf, zum Teil aufgrund mangelnder Erfahrung mit der Massenproduktion von Hardware und verteuerten das Gerät. Außerdem wurden angekündigte Steuererlasse, die dem Simputer eine globale Chance gegeben hätten, nicht realisiert. Der Preis hat sich deshalb von ehemals anvisierten 200 Dollar auf 240 Dollar erhöht, was für die einfachen Bevölkerungsschichten mit einem Jahreseinkommen von etwa 350 Euro eine noch höhere Hürde darstellt. Auch die Vermarktung auf dem Weltmarkt, durch die entsprechend hohe Bestellzahlen erreicht werden sollten, um den Preis pro Einzelgerät entsprechend niedrig halten zu können, verlief deshalb schleppend, da in dieser Preisklasse „die internationale Konkurrenz gut aufgestellt ist“12. Und auch der Name Simputer ist mittlerweile Geschichte, stattdessen nennt sich der Computer nun Amida.
Das One Laptop per Child – Projekt (kurz OLPC) wurde 2005 vom Media Lab des MIT (Massachusetts Institute of Technology) ins Leben gerufen und wird von dem amerikanischen Computerforscher und Technologiebefürworter Nicolas Negroponte geleitet. Wie der englische Name des Projekts verrät ist dessen Ziel, Kinder in Entwicklungsländern mit einem eigenen Laptop auszustatten. Der Preis des Laptops soll bei 100 Dollar liegen (deshalb wird auch der Name „100-Dollar-Laptop“ verwendet). Der niedrige Preis soll durch den Einsatz günstiger Komponenten und durch die hohe Zahl produzierter Computer erreicht werden. Außerdem soll er in hohen Stückzahlen direkt an die Regierungen der interessierten Entwicklungsländer verkauft werden, dadurch werden Provisionen für Zwischenhändler gespart.
Der Laptop ist mit einem Farbdisplay, wie es auch in mobilen DVD-Spielern Einsatz findet, ausgestattet, das zusätzlich im schwarz-weiß Modus betrieben werden kann und daher auch in grellem Sonnenlicht gut ablesbar ist. Vor allem durch das Display, das nur mit ca. 35$ zu Buche schlägt, werden Kosten gespart. Zur Kommunikation untereinander wird jedes der Geräte mit einem Wireless-LAN-Modul (LAN = Local Area Network; WLAN, engl. etwa für Kabelloses lokales Netzwerk) ausgestattet, so dass alle Laptops zum Beispiel in einem Klassenraum ein Netzwerk bilden und Daten miteinander austauschen können. Auch ein Zugang zum Internet ist dadurch möglich, sofern entsprechende Infrastruktur vorhanden ist. Statt einer Festplatte als Speichermedium soll ein energiesparender Flashspeicher eingesetzt werden, da wie in Kapitel 3.2. Digitale Rückstände und Benachteiligung der Entwicklungsländer die Energieversorgung meist problematisch ist, aus diesem Grund wird der Laptop auch mit einer Handkurbel ausgestattet, mit der die Batterie wieder aufgeladen werden kann. Als Betriebssystem wird eine Linuxdistribution verwendet (siehe Kasten OSS, S.19), da hierbei keine Kosten für die gesamte Software anfallen.
Datenblatt: One Laptop per Child (OLPC) / 100$ Laptop
· Laptop
· USA, MIT Media Lab, Nicolas Negroponte
· Preis: 100$
· Direktverkauf an interessierte Regierungen von Entwicklungsländern
Technische Daten:
· AMD Prozessor (500MHz)
· Arbeitsspeicher: 128 MB RAM
· Energieversorgung: Lithium Ionen Akku
· Datenspeicherung: 500MB Flashspeicher
· Betriebssystem: Red Hat Linux
· Schnittstellen: USB, W-LAN (kabelloses lokales Netzwerk)
Besonderheit: Handkurbel bzw. Fußpedal zur Aufladung des Akkus; Farbdisplay mit Schwarz-weiß Modus zur guten Ablesbarkeit bei Sonneneinstrahlung
Eine mögliche Alternative zur Überwindung der Digitalen Spaltung mit Hilfe von recycelten Computern aus Industrieländern sieht die Initiative nicht und begründet dies damit, dass die Rechner zum einen mobil sein müssen, damit die Kinder sie mit nach Hause nehmen können und die Familien mit einbezogen werden können, zum anderen sei die Herrichtung gebrauchter Geräte zu teuer.
Auch öffentlichen, gemeinsam genutzten Computern steht OLPC kritisch gegenüber, da es für die Kinder wichtig sei etwas Eigenes zu besitzen und sie dann auch pfleglicher mit ihrem Eigentum umgingen, schließlich „denkt ja auch niemand über gemeinsam genutzte Bleistifte nach [Übersetzung des Verfassers]“ so OLPC.13
Trotz Unterstützung durch die UN erfährt das Projekt auch Kritik, so ist es angesichts von Hungersnöten und Trinkwassermangel fraglich was die Entwicklungsländer am dringendsten benötigen. OLPC reagiert darauf nur damit, dass ein Laptop für Kinder „sowohl ein Fenster zur Welt, als auch ein Werkzeug [Übersetzung des Verfasseres]“14, das Kreativität und eigenständiges Arbeiten fördert, sein kann.
Starten soll das Projekt zunächst in China, Indien, Brasilien Argentinien, Ägypten, Nigeria und Thailand. Mit der Produktion wird begonnen, wenn zwischen fünf bis zehn Millionen Stück bestellt und bezahlt wurden. Dies, so prophezeit OLPC, soll Ende 2006 bis Anfang 2007 der Fall sein. Die größte Hürde wird dabei die Produktion einer so großen Stückzahl sein, so OLPC.
Ein weiteres, noch sehr junges Projekt für einen extrem günstigen Computer, namens Linux Municator existiert in China, allerdings kommerziell und ohne entwicklungspolitischen Anspruch. Der Computer, den die chinesische Firma Yellow Sheep River vermarktet, ist ein Desktopcomputer es ist also anders als bei den beiden anderen vorgestellten Rechnern kein integriertes Display oder Bildschirm vorhanden, dieser muss extern angeschlossen werden. Trotzdem versucht auch er mit seinem sehr niedrigen Preis von ca. 150 Dollar potentielle Kunden aus dem Reich der Mitte zu überzeugen. Der Computer ist zudem sehr klein. Er hat die Größe eines Buches, und ist erweiterbar mit verschiedenen externen Komponenten. Auch beim Linux Municator kommt wie der Name schon sagt eine Linuxdistribution zum Einsatz, die speziell auf chinesische Anforderungen zugeschnitten sein soll. Da er keinen entwicklungspolitischen Anspruch verfolgt, ist er zwar nicht speziell auf die Anforderungen in Entwicklungsländer zugeschnitten (abgesehen von der Anpassung an chinesische Bedürfnisse) und wird auch nicht direkt von einer für diese Zwecke gegründeten Organisation vermarktet und produziert, aber erfährt Unterstützung durch die chinesische Regierung, da alle verbauten Teile aus China stammen.
Datenblatt: Linux Municator
· Desktopcomputer
· China, Yellow Sheep River
· Preis: 150$
· Vermarktung in China, globale Vermarktung wird vermutet
Technische Daten:
· Godson Prozessor (400MHz/800MHz)
· Arbeitsspeicher: 256 MB RAM (erweiterbar auf 512 MB)
· Energieversorgung: extern, Versorgung über Akku optional
· Datenspeicherung: externe 40 GB große Festplatte
· Betriebssystem: eigene für China optimierte Linuxdistribution
· Schnittstellen: USB, Infrarot, Ethernet (Netzwerkanschluss möglich), VGA und S-Video (Anschluss eines PC-Bildschirms oder eines Fernsehers)
Besonderheit: externe Festplatte, Modem, Akku, CD-Laufwerk; sehr geringe Abmessungen (17,8 x14,5 x 3,8 cm)